Keiner ist mehr sicher: Alle zehn Minuten schlagen die Fahnder zu, alle 40 Sekunden die Betriebsprüfer, mal mit, mal ohne Vorwarnung.
Die rechtliche Stellung des steuerunehrlichen Mandanten hat sich hinsichtlich der Folgen der Strafbarkeit seines Tuns signifikant seit dem Urteil des ersten Strafsenates vom 02.12.2008 verschlechtert.
Besonders gravierend ist der Entzug der Möglichkeit der Selbstanzeige bei einer Steuerhinterziehung von mehr als 50.000,00 EUR je Tat durch Gesetze vom 28.04.2011.
Und dann entscheidet der erste Strafsenat des BGH am 20.05.2010, der steuerunehrliche Mandant müsse einen absolut „reinen Tisch“ hinsichtlich aller noch nicht verjährten Steuerhinterziehungen machen und die bei der Durchsuchung des Steuerberaters zufällig aufgefundenen Unterlagen von Vorjahren begründeten schon die Sperrwirkung der Entdeckung der Tat.
Der Ankauf von Steuer-CDs, jetzt der HSBC-Bank Luxembourg generiert Beratungsbedarf hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige und wirft die Frage der Verwertungsbefugnis von angekauften, „gestohlenen“ Daten durch den Rechtsstaat auf.

Der Reihe nach:

  1. An dem Tatbestand des § 370 AO Steuerhinterziehung hat sich auch nach Aufhebung des Verbrechenstatbestandes der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung nach § 370 a AO im Jahre 2008 im Wesentlichen nichts geändert, indes erheblich bei der Anwendung.
    Die Verjährungsfrage spielt nach wie vor in der Beratungspraxis eine wichtige Rolle.
    Die steuerliche Verjährung im Festsetzungsverfahren nach den §§ 169 bis 171 AO ist Ihnen geläufig.
    Brisante Bedeutung erlangt die Festsetzungsverjährung in drohenden oder aktuellen Steuerstrafverfahren durch die 10-jährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO, soweit eine Steuer hinterzogen wurde.
    Interessant ist immer wieder die Berechnung des Beginns der Festsetzungsfrist.
    Hier ist entscheidend der Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wurde und bei Unterlassung der Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt in dem die Steuer entstanden ist.

    Wirtschaftlich interessant für den Mandanten ist die nicht zu unterschätzende Entstehung von Hinterziehungszinsen.
    Im schlimmsten Falle bei der Nichtabgabe von Einkommensteuererklärungen etwa wegen reinen Auslandseinkünften wie Zinsen und Dividenden in der Schweiz oder Liechtenstein oder auch Luxembourg, 6 % für bis zu 13 Jahre, also 78 % Zinsen für den ersten Veranlagungszeitraum.
    Die strafrechtliche Verfolgungsverjährungsfrist für die Steuerhinterziehung beträgt fünf Jahre, § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, soweit die Höchststrafe fünf Jahre nicht überschreitet.
    Dies ist aber nur die „einfache Steuerhinterziehung“.
    § 370 Abs. 3 AO sieht indes vor, dass in „besonders schweren Fällen“ die Strafe Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu zehn Jahren beträgt.
    In diesem Fall beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.

    Wann ist von einem „besonders schweren Fall“ auszugehen?
    Das Gesetz sieht Regelfälle vor, von denen zwei Fälle immer wieder praxisrelevant werden:

    - wenn der Täter in „großem Ausmaß“ Steuern verkürzt und wenn er

    - als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Steuerhinterziehung verbunden hat Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt.

    Zu ersterem Fall, der außerordentlich praxisrelevant ist habe ich Ihnen die Entscheidung des ersten Strafsenates des Bundesgerichtshofes vom 21. April 2008 mitgebracht.
    Der Verurteilung liegt zugrunde, dass der dortige Angeklagte seine Arbeitnehmer „schwarz“ beschäftigte und dem zu Folge weder Lohnsteuern noch Sozialabgaben abführte.
    Er gab auch keine Umsatzsteuererklärungen ab.

    Zudem unterstützte er die Umsatzsteuerhinterziehung seiner Auftraggeber durch die Beschaffung von Scheinrechnungen, damit diese die an den Angeklagten geleisteten Zahlungen als Betriebsausgaben ansetzen und einen Vorsteuerabzug geltend machen konnten.
    Der dadurch bewirkte Steuerschaden und die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge betrugen jeweils insgesamt fast 1 Million EUR. Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Angeklagten verworfen und dabei zu zwei Fragen grundsätzliche Ausführungen gemacht.
    Bei einer Steuerhinterziehung ist die Höhe des Hinterziehungsbetrages ein Strafzumessungsumstand von besonderem Gewicht.
    Der Steuerschaden bestimmt daher auch maßgeblich die Höhe der Strafe.
    Dabei kommt der gesetzlichen Vorgabe des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO indizielle Bedeutung zu, wonach bei einer Hinterziehung in „großem Ausmaß“ in der Regel nur eine Freiheitsstrafe und zwar von sechs Monaten bis zu zehn Jahren angedroht ist.
    Der BGH hat ausgeführt, dass ein solches Ausmaß, wie bereits zum gleichen Merkmal beim Betrug ständige Rechtsprechung, dann vorliegt, wenn der Steuerschaden über 50.000,00 EUR liegt, bei schlichtem Unterlassen von der Abgabe von Steuererklärungen über 100.000,00 EUR.
    Das bedeutet, dass jedenfalls bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen gerade noch schuldangemessen sein kann.

    Dies ist die schlechte Nachricht.

    Die gute Nachricht ist, dass die Entscheidung sich auf eine einheitliche Tathandlung und deren Steuerschaden bezieht.
    In 1994 hatte der BGH die Annahme der „fortgesetzten Tat“ bei der Steuerhinterziehung ganz ausgeschlossen. Der Täter, der beschlossen hatte, Zinsen, die er in Luxembourg aus Wertpapieren gezogen hatte, nicht anzugeben, verfuhr in seinen Einkommensteuererklärungen 01 bis 07 entsprechend und wurde jeweils zu niedrig veranlagt.
    Bis dahin wurde Gesamtvorsatz für mehrere Handlungen gegen denselben Straftatbestand angenommen mit der Konsequenz, dass eine einzige Straftat „Einkommensteuerhinterziehungen 01 bis 07“ angenommen wurde mit der erheblichen Folge bei der Strafverjährung.
    Nunmehr sind, da sich der Täter jedes Mal wieder neu entscheidet, sieben Einzeltaten anzunehmen.
    Somit ist auch, dies ist die gute Nachricht, bei einem „besonders schweren Fall“ jede einzelne Tat und jede einzelne Grenze von 50.000,00 EUR bzw. 100.000,00 EUR zu prüfen.

  2. Wann beginnt die Verfolgungsverjährung bei Steuerhinterziehung? Nach dem Strafgesetzbuch beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist, § 78 a Satz 1 StGB.
    Beginn der Strafverfolgungsverjährung ist also nicht der Zeitpunkt der Tatvollendung, sondern der der Tatbeendigung.
    Die Steuerhinterziehung ist beendet, wenn der strafrechtlich missbilligte Erfolg eingetreten ist und der Täter nichts mehr zur Vertiefung oder Wiederholung dieses Erfolges unternimmt.
    Bei § 370 AO ist dann zu unterscheiden zwischen der Hinterziehung von Veranlagungssteuern und Fälligkeitssteuern.

    1. Bei ersteren tritt die Verfolgungsverjährung ein, wenn aufgrund einer unrichtigen Erklärung die Steuer zu niedrig festgesetzt und dies dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben worden ist.
      Mit der Bekanntgabe des unrichtigen Steuerbescheides ist die Steuerhinterziehung vollendet und zugleich beendet, sodass mit der Bekanntgabe des unrichtigen Bescheides zugleich die Verjährung beginnt. Auch ein vorläufiger Steuerbescheid reicht aus, um die Verjährungsfrist in Gang zu setzen, auch der Vorbehalt der Nachprüfung § 164 Abs. 2 AO steht bei Steuerpflichtigen, die der Außenprüfung unterliegen nicht dem Verjährungsbeginn mit Bekanntgabe des ersten unrichtigen Bescheides entgegen.
      Da mit der Bekanntgabe des unrichtigen Bescheides zugleich die Verjährung beginnt stellt sich die Frage, wie die Frist der Zustellung des Steuerbescheides bestimmt wird, insbesondere ob die Zustellungsfiktion des § 122 Abs. 2 AO, Zustellung am dritten Tage nach Aufgabe zur Post, gilt.
      Die Bekanntgabefiktion findet im Strafrecht keine Anwendung.

      Zweifel, ob der Steuerbescheid bereits nach einem Tag oder erst nach drei Tagen den Steuerpflichtigen erreicht hat, ob die Verjährung ein Tag oder drei Tage nach Aufgabe des Steuerbescheides zur Post zu laufen beginnt wirken zu Gunsten des Beschuldigten nach dem Grundsatz in dubio pro reo.
      Will die Strafverfolgungsbehörde also von der dem Steuerpflichtigen günstigen Postlaufzeit von einem Tag abweichen, ist die hinsichtlich der tatsächlichen Zustellung des Steuerbescheides beweisbelastet.
       
    2. Bei Fälligkeitssteuern ist zwischen den s. g. Selbsterrechnungssteuern und den Erstattungsmeldungen zu unterscheiden.
      Bei der Lohnsteuer ergeht bekanntlich ein förmlicher Steuerbescheid nur, wenn von den angemeldeten Steuern abgewichen wird oder der Schuldner keine Steueranmeldung abgibt, § 167 Abs. 1 Satz 1 AO.
      Bei diesen Fälligkeitssteuern ist der Steueranspruch gefährdet, wenn er nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig angemeldet oder festgesetzt worden ist.

      Die durch positives Tun bewirkte Tat ist vollendet und beendet, wenn die Steuer bei Fälligkeit nicht oder zu niedrig entrichtet wird.

      Die Strafverfolgungsverjährung beginnt nicht mit der Bekanntgabe des förmlichen Steuerbescheides, da dieser lediglich deklaratorischen Charakter hat, sondern vielmehr erst mit dem gesetzlichen Fälligkeitstermin.
      Besonderheiten ergeben sich bei der Umsatzsteuer.
      Neben den monatlichen Steuervoranmeldungen hat der Unternehmer eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben.
      Hinsichtlich der Umsatzsteuerjahreserklärung handelt es sich um eine Veranlagungssteuer.
      Während die Abgabe falscher monatlicher Voranmeldung zur Verkürzung von Vorauszahlungen führt, mithin zu einer Steuerverkürzung auf Zeit, bewirkt die Abgabe der falschen Jahreserklärung die endgültige Steuerverkürzung.
       
    3. Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges Unterlassen:
      Bei der durch Nichtabgabe einer Steuererklärung bewirkten Steuerverkürzung gilt nichts anderes als bei der durch Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung.
      Bei Veranlagungssteuern ist der Verjährungsbeginn durch Unterlassen der Eintritt des Taterfolges.

      Die Steuerhinterziehung durch Unterlassen ist in dem Zeitpunkt vollendet, in dem bei rechtzeitiger Abgabe der Steuererklärung im regelmäßigen Geschäftsgang die Veranlagung beendet gewesen und ein Steuerbescheid zugestellt worden wäre.
      Wann ist dies der Fall?

      In Frage steht, ob für den Abschluss der Veranlagungsarbeiten auf die Erklärungsfrist des § 149 Abs. 2 AO, also dem 31.05. des Folgejahres oder auf die verlängerte Abgabefrist zum 30.09. des Folgejahres abzustellen ist. Die Beantwortung dieser wichtigen Frage ist leider völlig umstritten.
      Bei der Steuerhinterziehung durch Unterlassen wird leider ein relativ später Vollendungszeitpunkt angenommen.

      Es wird nämlich unterstellt, der Steuerpflichtige hätte zu den Letzten gehört, die bei ordnungsgemäßer Abgabe der Erklärung veranlagt worden wäre.
      Damit verbleibt aber, zu Gunsten des Steuerpflichtigen, ein weiterer Freiraum für den Rücktritt vom Versuch, § 24 StGB.

      Für die Beendigung der Steuerhinterziehung und damit für den Beginn der Strafverfolgungsverjährung ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Steuer bei rechtzeitiger Steuererklärung frühestens festgesetzt und der Steuerbescheid frühestens bekannt gegeben worden wäre. 
      Richtiger Weise muss deshalb auf die Erklärungsfrist des § 149 Abs. 2 AO abgestellt werden und sodann die gewöhnliche Bearbeitungszeit zzgl. einem Tag Postlaufzeit hinzugerechnet werden.
      Gibt der Steuerpflichtige weder Umsatzsteuervoranmeldungen noch eine Umsatzsteuerjahreserklärung ab, ist die Tat mit dem Fristablauf für die Jahreserklärung beendet.
      Bei der Gewerbesteuer ist zu berücksichtigen, dass von Seiten der Finanzbehörde nur ein Gewerbesteuermessbescheid ergeht.
      Die Steuerhinterziehung, welche im Zusammenhang mit dem Grundlagenbescheid begangen wird, ist erst beendet, wenn der entsprechend unrichtige Folgebescheid ergangen ist.

      Dementsprechend tritt neben die gewöhnliche Bearbeitungszeit der Finanzbehörde die Postlaufzeit zur Überstellung des Grundlagenbescheides an die zuständige Gemeinde, die gewöhnliche Bearbeitungszeit bei der Gemeinde und die Postlaufzeit für die Zustellung des Gewerbesteuermessbescheides an den Steuerpflichtigen hinzu.

      Bei der Berechnung der Frist für den Beginn der Verjährung ist derjenige Tag, an dem die Tat beendet wurde mitzuzählen.
      Ohne Bedeutung ist im Gegensatz zu sonstigen Fristenberechnungen, ob der letzte Tag auf einen Sonn- oder Feiertag fällt.
      Zweifel am Zeitpunkt der Beendigung der Tat gehen zu Gunsten des Beschuldigten, in dubio pro reo. 
       

    Überträgt der Steuerpflichtige die Bearbeitung von steuerlichen Angelegenheiten auf Angestellte oder einen steuerlichen Berater, so hält er sich innerhalb des ihm Möglichen und Zumutbaren zu vergewissern, ob die Hilfspersonen die ihnen übertragenen Arbeiten ordnungsgemäß ausführen.

    Der BFH hat in seinem Urteil vom 18.05.1988 ausgeführt, dass vom Steuerpflichtigen nicht uneingeschränkt verlangt werden kann, dass er die ihm zugänglichen Zahlenangaben in der Steuererklärung überprüft. Der Steuerpflichtige, der eine ihm aufgrund jahrelanger Erfahrung als zuverlässig bekannt und von ihm unterwiesene Buchhalterin beschäftigt, kann davon ausgehen, dass diese über das grundlegende Rüstzeug eines Buchhalters verfügt und deswegen in der Lage ist, die Nettoumsätze in ein Erklärungsformular zu übertragen.

    Soweit also mit dem Mandanten abgeklärt wurde, ob und inwieweit eine Steuerstraftat vollendet und unverjährt besteht, muss die Frage der Selbstanzeige und Nacherklärung erörtert werden, geschieht dies nicht, verletzt der Steuerberater seine Berufspflichten und macht sich gegenüber dem Mandanten aus dem Beratungsverhältnis schadensersatzpflichtig.
    Die Selbstanzeige, die zur Strafbefreiung führt, ist im § 371 AO geregelt. Die Selbstanzeige ist ein persönlicher Strafaufhebungsgrund und wirkt nur zu Gunsten desjenigen, der in seiner Person die Voraussetzung für die Strafbefreiung erfüllt.

    § 371 AO gilt nur für die Steuerhinterziehung, nicht für den Bannbruch, also die verbotswidrige Ein- oder Ausfuhr, nicht für den Schmuggel und nicht für die Steuerhehlerei.

    Es gelten zwei Voraussetzungen für die Strafbefreiung, nämlich die Berichtigung oder Ergänzung von unterlassenen Angaben, die Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige und die rechtzeitige Nachentrichtung hinterzogener Steuern. Probleme, die tragisch enden können, ergeben sich bereits bei der Erfüllung der ersten Voraussetzung, nämlich der richtigen Berichtigung oder Ergänzung von unterlassenen Angaben.

    Es reicht zwar aus, wenn gegenüber der örtlich und sachlich zuständigen Dienststelle des Finanzamtes die begangenen Unrichtigkeiten korrigiert werden, eine Selbstanzeige braucht keinerlei „Schuldbekenntnis“ zu enthalten. Eine bestimmte Form ist auch nicht vorgesehen.
    Die Erklärung braucht insbesondere nicht das Wort „Selbstanzeige“ zu enthalten.
    Inhaltlich gilt das Gebot der Richtigkeit und Vollständigkeit der Selbstanzeige, d. h. für alle Steuerarten müssen alle unrichtigen Angaben aus strafrechtlich unverjährter Zeit berichtigt werden.
    So genannte „Teilselbstanzeigen“ oder „Stufenanzeigen“ sind eindeutig nicht mehr zulässig.

    Hier hat wieder der erste Strafsenat des BGH mit Beschluss vom 20.05.2010 die Anforderungen an eine strafbefreiende Selbstanzeige ganz erheblich verschärft:
    Der BGH verlangt die umfassende Rückkehr zur Steuerehrlichkeit, die nur dann anzunehmen ist, wenn der Täter nunmehr vollständige und richtige Angaben, mithin „reinen Tisch“ macht.
    Ich überreiche Ihnen diese epochale Entscheidung in Kopie mit der Anempfehlung, diese gelegentlich einmal durchzulesen.

    Zweite Voraussetzung: Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige
    Von praktischer Relevanz ist immer wieder die Frage, ob die strafbefreiende Selbstanzeige auch dann noch rechtzeitig ist, wenn Betriebsprüfer oder Fahndung erschienen sind und beispielsweise hinsichtlich eines Sachverhaltes ermitteln, der „ungefährlich“ ist, weil für diese Veranlagungszeiträume keine Steuern hinterzogen worden sind, sehr wohl aber hinsichtlich anderweitiger unverjährter Zeiträume.

    Der BGH hat in der Ihnen vorliegenden Entscheidung am 20.05.2010 ausgeführt, dass der Sperrgrund des „zur Ermittlung Erscheinens“ sich nicht nur auf solche Taten, die vom Ermittlungswillen des erschienenen Amtsträgers erfasst sind erstreckt, sondern auch auf solche Taten, die mit dem bisherigen Ermittlungsgegenstand „in sachlichem Zusammenhang stehen“.

    Dies sei dann der Fall, wenn die neuen nicht vom ursprünglichen Ermittlungswillen erfassten Tatvorwürfe sich lediglich auf weitere Besteuerungszeiträume hinsichtlich derselben Steuerarten bei identischen Herkunftsquellen erstrecken.
    Und hinsichtlich der „Entdeckung“ der Tat sei es auch nicht erforderlich, dass der Täter der Steuerhinterziehung bereits ermittelt ist, und dass die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen bereits soweit bekannt sind, dass der Schuldumfang verlässlich beurteilt werden kann, vielmehr genüge es, dass „konkrete Anhaltspunkte für die Tat als solche bekannt sind“. Nach § 371 I Nr. 2 AO ist die Selbstanzeige verspätet, wenn die Steuerstraftat bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder damit rechnen musste.

    Dies führt wiederum zur den aktuellen Fragen bei Ermittlungen der Finanzbehörden, insbesondere der Steuerfahndung aufgrund von Steuer-CD `s, wie wieder in den letzten Wochen die der Steuerfahndung Wuppertal und der Staatsanwaltschaft Bochum nach Ankauf von Daten hinsichtlich der HSBC-Bank Luxembourg.

    Erste Frage: Sind die angekauften Daten in einem Rechtsstaat überhaupt verwertbar?
    Zweite Frage: Bis zu welchem Zeitpunkt ist die strafbefreiende Selbstanzeige noch möglich?

    Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Fall mit Beschluss vom 09.10.2010 entschieden, dass Informationen auf s. g. Steuer-CD ´s, die vom Bundesnachrichtendienst angekauft wurden, in Strafverfahren verwertet werden dürfen.

    Die Beschwerdeführer hatten Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung in einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren erhoben.
    Den für die Anordnung der Wohnungsdurchsuchung notwendigen Anfangsverdacht gegen die Beschwerdeführer erlangten die Ermittlungsbehörden aus Informationen, die auf einer vom Bundesnachrichtendienst angekauften Steuer-CD gespeichert waren.

    Die Beschwerdeführer stellten sich auf den Standpunkt, dass diese Informationen von den Ermittlungsbehörden nicht verwertet werden dürften, da der Ankauf der Steuer-CD rechtswidrig und sogar strafbar gewesen sei.

    Das Bundesverfassungsgericht hat bei seiner Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer unterstellt, dass der Ankauf der Steuer-CD ´s rechtswidrig oder strafbar gewesen sei, was von den Finanzgerichten Köln und dem Landgericht Düsseldorf sogar noch anders gesehen wurde, denn eine Strafbarkeit wegen Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB scheidet aus, weil Daten keine Sache im Sinne dieser Vorschrift seien und der Ankauf der Daten durch die involvierten Beamten sich auch nicht als Teilnahme an einem Geheimnisverrat nach § 17 UWG oder als eine Begünstigung nach § 257 Abs. 1 StGB darstelle, denn dies würde unter „die allgemeine Ermittlungsbefugnis“ dieser Beamten fallen.
    Entscheidend ist aber nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes, dass nach gefestigter Rechtsprechung ein Verstoß gegenüber Beweiserhebungsvorschriften nur in Ausnahmefällen auch ein Verwertungsverbot nach sich ziehe.

    Bei dem Ankauf von Steuer-CD ´s liegt ein solcher Ausnahmefall nicht vor, da insbesondere nicht erkennbar ist, dass „es sich bei den unterstellten Rechtsverletzungen um schwerwiegende, bewusste oder willkürliche Verfahrensverstöße handelt, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden seien“.
    Dem zufolge ist die Verwertung von Daten aus angekauften Steuer-CD ´s in Ermittlungs- und Strafverfahren gegen Steuerhinterzieher zulässig.

    Zu der weiteren Frage, in welchem Zeitpunkt eine strafbefreiende Selbstanzeige bei dem Ankauf der Steuer-CD, bei deren Auswertung oder bei Erscheinen der Steuerfahndung noch möglich ist, folgendes.
    Nach der bisherigen Rechtsprechung ist die bloße Erkenntnis der Ermittler, dass der Mandant bei einer Bank Auslandskonten unterhält und dass dort Geldbewegungen erfolgen, noch nicht Tatentdeckung, weil sich erst aus einem konkreten Abgleich mit den Steuererklärungen des Steuerpflichtigen ergibt, dass eine Steuerquelle nicht oder nicht vollständig angegeben wurde.

    Die Kenntniserlangung einer Steuerquelle, also das Auslandskonto, stellt für sich allein noch keine Tatentdeckung dar, so der Ihnen vorliegende Beschluss des BGH vom 20.05.2010.
    Das Wort „entdecken“ ist, wie im allgemeinen Sprachgebrauch dahin zu verstehen, dass Unbekanntes, Verborgenes aufgefunden wird. Die noch unbekannte verborgene Tat der Steuerhinterziehung muss ganz oder zum Teil entdeckt sein.
    Gesetzlicher Anknüpfungspunkt ist dabei nicht der Begriff des Anfangsverdachtes, sondern der Tatentdeckung.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes liegt Tatentdeckung dann vor, wenn bei vorläufiger Tatbewertung, die aber stattfinden muss, die Wahrscheinlichkeit eines verurteilenden Erkenntnisses gegeben ist, was bei einer bloßen Verdachtslage erst dann eintritt, wenn eine wenn auch vorläufige Bewertung erfolgt.
    Ist dann das Vorliegen eines Sachverhalts „wahrscheinlich“, der die Aburteilung als Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit rechtfertigen würde, ist die Tat (bereits) entdeckt.

    Ich würde also meinen, dass in den Fällen der Steuer-CD ´s die Erkenntnisse des Ermittlungsbeamten, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen aus ausländischen Konten Bankkonten in den Steuererklärungen nicht aufscheinen, obwohl ein Konto verzeichnet ist, bereits die konkrete Gefahr der „Entdeckung“ und damit den Ausschluss der strafbefreienden Selbstanzeige begründen könnten.
    Zu der sicher von Mandanten gestellten Frage des Risikos der Aufdeckung von ausländischem Kapitalvermögen soll kurz die Rechtslage hinsichtlich der Amts- und Rechtshilfe dargestellt werden.
     

    -Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Luxembourg sieht vor, dass sich die Staaten bei Veranlagung und Erhebung der betroffenen Steuern gegenseitig Amtshilfe und Rechtshilfe gewähren, insbesondere zur Vermeidung von Steuerverkürzungen.

    Nach dem europäischen Rechtshilfeübereinkommen hat Luxembourg die Amts- und Rechthilfe aber eingeschränkt auf den dortigen Tatbestand des § 396 Abs. 5 der luxemburgischen Abgabenordnung, nämlich auf den Steuerbetrug, nämlich Hinterziehung eines nicht unerheblichen Steuerbetrages, d. h. mehr als 125.000,00 EUR oder mehr 25 % der Jahressteuer und eine Täuschung der Finanzbehörde durch systematische betrügerische Handlungen und soweit Rechtshilfe unter diesen Voraussetzungen geleistet wird, hat sich Luxembourg einen Spezialitätsvorbehalt ausbedungen, wonach die Verwendung der übermittelten Erkenntnisse für andere als in dem Ersuchen aufgeführten Delikte ausgeschlossen ist.
    Dies gilt aber nicht für das Besteuerungsverfahren, dort ist die umfassende Verwertung zulässig.
    Hinsichtlich der Amtshilfe (unter Behörden, auch Finanzbehörden) besteht ein Vorbehalt, wonach Erkenntnisse von luxemburgischen Banken ausgeschlossen sind.
    Damit ist das Luxemburger-Bankgeheimnis im reinen Besteuerungsverfahren geschützt, indes nicht mehr lange, weil Luxembourg sich verpflichtet hat ab 2010 die s. g. OECD-Standards, dies ist umfassende Amtshilfe, einzuhalten.

    Die Neuregelungen sind auf Steuern anzuwenden, die ab dem Jahr 2010 erhoben werden.

    Hinsichtlich Österreich besteht umfassende Rechtshilfe und Amtshilfe, indes sind im reinen Besteuerungsverfahren österreichische Bankdaten geschützt.

    Sobald aber ein Zusammenhang mit einem Strafverfahren wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung besteht, fällt auch das österreichische Bankgeheimnis.

    Liegt ein zulässiges Auskunftsersuchen vor, wird auch das liechtensteinische Bankgeheimnis durchbrochen.
    Auskünfte dürfen verlangt werden, wenn sie Besteuerungszeiträume ab 2010 betreffen.
    Rechtshilfe in Fiskalsachen wird nicht gewährt.
    In der Schweiz ist, wie in Luxembourg grundsätzlich die bloße Nichterklärung von Kapitalanträgen in der Steuererklärung keine Straftat.
    Werden indes gefälschte, verfälschte oder inhaltlich unwahre Urkunden zur Täuschung der Finanzbehörden verwandt, wird Amtshilfe gewährt, das Bankgeheimnis gilt dann nicht mehr.
    Das deutsche Amtshilfeersuchen ist aber dem Steuerpflichtigen in Kenntnis zu bringen, der dann möglicher Weise noch die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige vornehmen kann.
    Rechtshilfe wird in Fiskalsachen grundsätzlich nach wie vor nicht gewährt, außer es werden Indizien vorgetragen, die in den Verdacht einer auch nach Schweizer Recht strafbaren Handlung begründen.
    Letzteres ist bei dem „schweren Steuerbetrug“, ähnlich wie in Luxembourg, erst der Fall. 

    Nach dem im Februar 2010 erfolgten Ankauf entwendeter Daten deutscher Kunden bei Schweizer Banken wurde ein Abkommen zur anonymen Abschlagszahlung unter Vermeidung von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen abgeschlossen, welches aber wohl sicher dem Bundesrat nicht passieren wird.

    Mit Gesetzesänderung vom 28.04.2011 ist die Rechtswohltat der steuerbefreienden Selbstanzeige bei einem ungerechtfertigten Steuervorteil von mehr als 50.000,00 EUR je Tat entzogen.
    Die Grenze knüpft an den Steuerbegriff des § 3 AO an.“

    Danach gehören auch der Solidaritätszuschlag, Ein- und Ausfuhrabgaben zu dem Steuerbegriff wie Prämien und Zulagen nach dem Wohnungsbauprämiengesetz oder dem Vermögensbildungsgesetz, Monopolabgaben sowieso, da Verbrauchssteuern.

    Geringfügig Beschäftigte in Haushalten unterfallen nicht dem Begriff der Steuerhinterziehung, auch nicht steuerlichen Nebenleistungen, wie Verspätungszuschlag, Zinsen, Säumniszuschläge, Zwangsgelder, Kosten und Kirchensteuern, außer in Nordrhein-Westfalen.